Irritation in der Hightechwelt.
Trotz mancher Probleme gelingt der vorgezogene Auftakt zum internationalen Theaterfestival transeuropa bei der Expo.

[...] Die beiden Hildesheimer Helge Meyer und Marco Teubner von System HM2T und die international besetzte Truppe um Boris Nieslony breiten im Foyer ihre Requisiten aus: Belaubte Äste, bluttropfendes rohes Fleisch, 30 000 Pfennigstücke, tote Fische und allerlei seltsamer Kleinkram.
Die kahl geschorenen Performer aus Mexico, Schottland, Singapur, Finnland und Deutschland legten los: Zwei haben sich an Säulen fest gebunden und rackern stundenlang gegen die Taue an, einer lässt Fußstapfen aus Papier zu Boden fallen, jemand mit Strickmaske bläst Luftballons auf, bis sie knallend zerplatzen, ein anderer malträtiert seinen Mund mit einem Messer.
Das Publikum reagiert irritiert, konsterniert: „Was sind das für Irre?“, fragt eine ältere Frau ihren Begleiter. „Das soll eine Show sein“, stellt ein Jugendlicher fest, weiß aber nicht, was er davon halten soll. Anderen geht es ähnlich, und Fragen bringen nichts: „He, was machst du denn da?“ Der Mann am Seil schuftet schweigend weiter.
Gleich welche Gefühle überwiegen - Abscheu oder Faszination -, man kann sich der provokanten Performance nicht entziehen: gerade im Expo-Umfeld von tausend Video-Darbietungen, von einer ultra-cleanen Hightechpräsentation neben der anderen. [...]

Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 6.6.2000